Ölkäfer: Wirklich häufig und gefährlich?

Giftige Tiere und Pflanzen liefern immer gute Schlagzeilen. Für Medien-Hypes im Frühling sorgt jüngst regelmäßig der Ölkäfer (Meloe proscarabaeus), weil er sich ausbreiten und schwere Vergiftungen verursachen soll. Der schwarzblaue Käfer mit den kurzen Flügeln ist vor allem zwischen Mitte März und Juni aktiv, daher auch sein Name Maiwurm. Er lebt auf Wiesen, an Wegen, in Wäldern und Gärten, krabbelt schwerfällig am Boden und ernährt sich von Blütenpflanzen wie Bärlauch, Scharbockskraut und Buschwindröschen. Ölkäfer-Weibchen sind mit ihrem geschwollenen Hinterleib über drei Zentimeter lang, die Männchen deutlich kleiner und an ihren geknickten Fühlern zu erkennen.

 

An den Beinen sondern die Käfer das Gift Cantharidin ab, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Dieser Stoff ist für Warmblüter hoch giftig und soll in der Antike sogar für Hinrichtungen, später in der Heilkunde gegen Entzündungen oder als Liebestrank genutzt worden sein. Die Vergiftungsgefahr ist indes gering: Wissenschaftlern zufolge müsste ein Erwachsener mehrere der sehr bitter schmeckenden Käfer essen, um Schaden zu nehmen. Auch bei Kindern ist ein Verzehr der bitteren Käfer eher unwahrscheinlich. Nach Kontakt mit dem Käfer oder seinem Sekret empfiehlt es sich die Hände zu waschen, eine vorübergehende Hautrötung ist möglich. Obwohl der abgebildete Käfer auf der Hand sein Gift absonderte, hat es der Verfasser dieser Zeilen die Begegnung schadlos überlebt…

 

Die befürchtete Ausbreitung relativiert sich bei genauer Betrachtung ebenfalls. Ölkäfer sind in Deutschland schon immer verbreitet, aber selten. Von einer Zunahme kann aktuell keine Rede sein. Ihnen zu begegnen ist eher ein Glücksfall, denn Ölkäfer sind im Bestand gefährdet und stehen auf der Roten Liste. Dies liegt an ihrer komplexen Fortpflanzung: Die Larven sind auf bestimmte Wildbienenarten angewiesen, deren Bestände erheblich abgenommen haben. Die Ölkäfer-Larven lassen sich von den Wildbienen in deren Nistplätze tragen, wo sie sich entwickeln, dann im Boden überwintern und im Frühling schlüpfen. Aber aus den tausenden Eiern, die ein Käferweibchen legt, werden die wenigsten zum ausgewachsenen Maiwurm.

 

Auch in diesem Fall zeigt sich, dass im Umgang mit Insekten faktenbasiertes Wissen und Gelassenheit die besten Ratgeber sind und die Schlagzeilen nicht die ganze Realität abbilden.

 

Dr. Stefan Bosch

 

Wiese mit männlichem Ölkäfer auf der Hand © Stefan Bosch