Klar gemacht, was uns verloren geht

GRÜNE Bretten mit MdL Dr. Markus Rösler auf naturkundlicher Wanderung

Es war eine Lehrstunde der besonderen Art: Viel besser als bei einer Abendveranstaltung im Nebenzimmer gelang es dem Sprecher für Naturschutz und Umweltbildung der grünen Landtagsfraktion, Markus Rösler, auf einem naturkundlichen Spaziergang auf der Gölshäuser Gemarkung die Sinne zu schärfen für den heimischen Naturhaushalt vor der Haustür. Das drängende Thema

Artenschutz stand ganz im Vordergrund – dabei kamen sowohl Gefährdungen, aber

auch Erfolge zur Sprache. Der NABU Bretten hatte die Wanderstrecke ausgewählt.

 

Nach der Begrüßung durch die Wahlkreisabgeordnete Andrea Schwarz MdL gab es einen ersten Stopp noch im Dorf an den Mehlschwalbennestern an einem Haus in der Eppinger Straße, wofür Rösler lobende Worte fand. Diese Tiere seien sehr anpassungsfähig und nähmen auch Kunstnester an. Leider steige die Zahl der Hausbesitzer, die Anstoß an verschmutzten Hauswänden nehmen. Das Insektensterben mache den Schwalben generell schwer zu schaffen, weil das ihre

Hauptnahrung sei. In der Großmulte schärfte Rösler den Blick für die verschiedenen Wiesentypen anhand der dort zu findenden Pflanzengesellschaften.

Große Aufmerksamkeit zog der Wiesensalbei auf sich, der die EU-weit geschützte Salbei-Glatthaferwiese repräsentiere – ein häufiger Typus in der Großmulte.

 

Immer wieder unterbrach sich Rösler mit einen „Schscht“ selbst, lauschte dem Vogelgezwitscher und zählte zur Verblüffung des Publikums die akustisch gerade anwesenden Vogelarten auf. Dorngrasmücke, Amsel und Grünspecht waren u.a. zu hören. Am Beispiel des Wanderfalkenhorstes auf einem der Strommasten der Bahnstromleitung berichtete der Abgeordnete von der Fast-Ausrottung dieses

Vogels durch DDT und Gelegeklau. „Die Wanderfalkenpopulation hat sich durch

vehemente Schutzmaßnahmen deutlich erholt – ein schöner Erfolg vieler Beteiligter aus den Naturschutzverbänden.“

 

Rösler berichtete, dass der Mitteleinsatz im Naturschutz unter den grün-geführten Landesregierungen von 30 Mio € im Jahr 2011 auf voraussichtlich 110 Mio € im Jahr 2021 ansteigen werde. Die Rolle der EU im Naturschutz sei vielen Menschen gar nicht bekannt. „Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie ist die zentrale Rechtsgrundlage des Naturschutzes in Europa. Die FFH-Gebiete haben ein Vielfaches der Fläche der deutschen Naturschutzgebiete“ unterstrich der Abgeordnete. In Baden-Württemberg seien es 17,4 % der Landesfläche. Ohne EU gäbe es diese Flächen nicht, betonte auch Landtagskollegin Andrea Schwarz.

 

Als engagierter „Streuobstler“ ging Rösler auch auf die Obstbäume in der Großmulte ein. „Leider werden häufig zu kleine Bäume auf die Streuobstwiesen gepflanzt. 1,80 bis 2 Meter Stammhöhe bringen vielfache Vorteile für Bewirtschafter und Naturschutz!“ Spechte würden nur Bäume über zwei Meter Stammhöhe aufsuchen. Streuobst sei im übrigen keine Hobby-Spielerei – 50 % der Sorten seien Tafeläpfel. Der zertifizierte Bio-Streuobstbau habe im Land derzeit einen Anteil von 8 %. Im Obstsortenparadies Pfarräcker stellte Wolfgang Röder (NABU) das Projekt vor und verwies auf die vielfältigen Habitatstrukturen, die dort inzwischen von den NABU-Aktiven angelegt worden seien.

 

Das Ende des Rundgangs nach zwei Stunden überraschte die

Anwesenden fast. Viele wären gerne noch länger den spannenden Ausführungen des

Naturschutzexperten gefolgt und bedauerten ernsthaft, dass der Termin keine

Ganztagsveranstaltung war.

Bild: Otto Mansdörfer - Dr. Markus Rösler im Dialog