Biodiversität: Vielfalt schätzen und schützen

In Montreal findet diesen Dezember, mitten im größten Artensterben seit Bestehen der Menschheit, die Weltnaturkonferenz der Vereinten Nationen (UN Biodiversity Conference COP15) statt, um ein globales Abkommen zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Natur zu beschließen. Die Anforderungen und Erwartungen sind enorm, denn neben der Klimakrise ist die Biodiversitätskrise das wichtigste Zukunftsthema unserer Zeit. Die biologische Vielfalt auf der Erde ist für uns Menschen überlebenswichtig und möglicherweise im gesamten Universum einmalig. Jede Art hat ihre Aufgabe, Funktion und Daseinsberechtigung und je enger und vielfältiger das Netz des Lebens geknüpft ist, umso stabiler und widerstandfähiger ist es. Aber wir reißen täglich neue Löcher in dieses Netz, wohlwissend dass Arten weder verzicht- noch ersetzbar sind. Arten sterben derzeit in enormem Ausmaß und mit hoher Geschwindigkeit aus. Eine Million Tier- und Pflanzenarten droht weltweit auszusterben, täglich verlassen 150 Arten unseren Planeten, für immer. Dabei hängen von der Natur 50 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und Abermillionen Arbeitsplätze ab. Natur gewährt uns Atemluft, Trinkwasser, Nahrung, Rohstoffe, Medikamente, Erholung – aber nur wenn wir sie nachhaltig und ressourcenschonend nutzen.

 

Die Wissenschaft mahnt seit Jahren eindringlich den Biodiversitätsverlust zu stoppen und den Trend umzukehren. Dazu braucht es einen breiten gesellschaftlichen Konsens für viel mehr globalen Naturschutz und die Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele. Geplant sind ambitionierte Ziele gegen Übernutzung, Verschmutzung, Entwaldung, Zersiedlung und nicht nachhaltige Landwirtschaft, Schutz für global bedeutende Ökosysteme auf 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche bis 2030, die Renaturierung und Wiederherstellung von Lebensräumen, eine natur-positive Wirtschaft, Umleiten von Finanzströmen in nachhaltige Investments, die Abkehr von biodiversitätsschädlichen Subventionen, ein Umsteuern bei der Landbewirtschaftung sowie die Inwertsetzung von Natur und Ökosystemdienstleistungen. Und es braucht Solidarität mit und Gerechtigkeit für den globalen Süden, der die größte Vielfalt und zugleich die größte Last unseres Konsums und Lebensstils trägt. Die Rechte indigener, lokaler Gemeinschaften als Naturbeschützer sollen verbindlich gewahrt werden. Grundlage für alle Maßnahmen sind neben dem gemeinsamen Willen erhebliche Finanzmittel zur Realisierung der Pläne, für Forschung und Wissenstransfer.

 

Allein Vielfalt macht Ökosysteme stabil. Deshalb gilt es in der Klima- und Biodiversitätskrise global, regional, lokal und vor der eigenen Haustüre eine Trendwende nicht nur zu versuchen, sondern zu schaffen!

 

Zur Illustration dieses Beitrages zeigen wir eine Streuobstwiese. Sie ist hier im Südwesten ein ausgesprochener Hotspot der Artenvielfalt, für den wir regional besondere Verantwortung tragen, denn Streuobst beherbergt über 5000 Tier- und Pflanzenarten.

 

Dr. Stefan Bosch