„Kritik ist absolut verfehlt“

NABU Bretten verteidigt sein Konzept für das Biotop Jeremias im Sprantaler Tal gegen Vorwürfe

Mit leuchtenden Augen stehen Gerhard Fritz, Bernd Diernberger und Martin Alb vom NABU Bretten am Eingang des Biotops Jeremias im Sprantaler Tal und schauen auf eine kleine Digitalkamera. „Wir haben am Teich gleich zwei Ringelnattern gesichtet und fotografiert. Ein tolles Erlebnis“, erklärt ein strahlender Fritz, stellvertretender Vorsitzender des Brettener Naturschutzbundes. Dies sei doch eine wunderbare Bestätigung für die Arbeit des Nabu auf dem rund 1,3 Hektar großen Areal, das früher eine Gärtnerei war, die sich auf die Pflanzung und Züchtung von Rhododendren spezialisiert hatte.

 

2014 hatten die Naturschützer der Melanchthonstadt das Gelände bei Sprantal erworben. „Wir wollten hier ein kraichgautypisches Biotop schaffen, um die heimische Tier- und Pflanzenwelt zu fördern“, so Fritz.Dies sei aber mit einer Monokultur von Rhododendren nicht möglich. „Bienen wollen nicht an die Rhododendron-Blüten und auch sonst profitiert außer der Hummel kein heimisches Insekt oder Säugetier von diesen Pflanzen.“ Zugestanden sei, so Fritz, dass Hummeln tatsächlich die einzigen Insekten sind, welche gelegentlich Rhododendronblüten besuchten. Im Zeichen des Insekten- und Vogelsterbens sei das aber entschieden zu wenig. „Hummeln sind zudem auch an das einheimische Blütenangebot angepasst und daher keineswegs auf die Rhododendronblüten angewiesen.“ Dennoch hat die Umgestaltung des ehemaligen Gärtnereigeländes auch für harsche Kritik, unter anderem in Leserbriefen in der Brettener Woche, gesorgt. „Da fielen dann Sätze wie ‚Biotop zerstört‘, ‚Gegen die Natur entschieden‘ oder ‚Ökopäpste als Ökostalinisten‘„, listet Alb, NABU-Beisitzer und zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, auf. „Auf Dauer ist das eine Rufschädigung und eine Diffamierung unserer Arbeit und unseres Vereins.“ Er sehe dies vor allem auch im Hinblick auf die, wie in vielen Vereinen, nicht einfache Nachwuchsgewinnung sehr kritisch. Wer wolle schließlich zu einem NABU, über den so etwas gesagt werde.

 

Dabei sei die Kritik absolut verfehlt. Bevor der NABU Bretten das Areal der ehemaligen Gärtnerei erworben hatte, lag die Anlage 15 Jahre lang brach, 1999 hatte die Gärtnerei ihren Betrieb eingestellt. Seit 2014 habe man dann vieles unternommen, um den durch die Gärtnerei sauer gewordenen Boden wieder in einen vielfältigen Lebensraum für heimische Wildtiere umzuwandeln. Zuerst galt es, einen Großteil der rund 800 Rhododendren zu entfernen. Diese wurden aber, wie Alb betont, nicht einfach zerstört, sondern größtenteils in andere Hände übergeben. Vereinzelt findet man die aus Asien stammenden Pflanzen auch heute noch auf dem Gelände, der Großteil der 1,3 Hektar großen Fläche ist aber wieder in ein reichhaltiges Angebot für die heimische Fauna und Flora umgewidmet worden. So hat der kleine „Arbeitskreis Jeremias“ Steinriegel geschaffen, auf denen sich Eidechsen wohlfühlen, Mäuseburgen aus Strohballen und Holz gebaut, Dickicht mit Totholz und Dornensträuchern sowie Lehmhügel und Feuchtbiotope angelegt. Dazu kommen zahlreiche Nistkästen für Solitärbienen, Hummeln, Vögel und Fledermäuse sowie Iltis-Brutschutzkästen unter großen Steinhaufen. Sogar eine Wildtierkamera haben die Naturschützer im Einsatz, um besonders scheue Bewohner zu fotografieren. Dazu zählen die Wildkatze, Füchse oder Marder. „Genauso sind aber auch schon Wildschweine und Rehe hier gewesen“, so Diernberger.

 

Gut besucht ist das Biotop in jedem Fall, das macht sich schon allein an der Geräuschkulisse bemerkbar. „Wenn wir nach getaner Arbeit manchmal abends hier noch zusammensitzen, dann lohnt es sich, einfach zu lauschen“, sagt Diernberger mit einem Lächeln. Bis es soweit war und auch so bleibt, sind und waren aber laut Fritz mehrere hundert Arbeitsstunden pro Jahr nötig. Denn auch ein Biotop wolle gepflegt werden. Momentan kämpft der NABU gerade mit der besonders renitenten kanadischen Goldrute, die sich sehr schnell auf der Fläche ausbreitet. Und dass die Natur ihren eigenen Kopf hat, das hat der Arbeitskreis im NABU Bretten ebenfalls schon manches Mal zu spüren bekommen. So wurde für die große, mehrjährig blühende Wiese extra für 2.000 Euro Saatgut der Typen „Blumenwiese, Schmetterlings- und Wildbienensaum“ ausgebracht. Die extreme Trockenheit des Frühlings und Sommers 2018 hat die Wiese dann nicht zu ihrer vollen Pracht aufblühen lassen. „Wir können eben nur säen, die Natur entscheidet dann über den Rest“, sagt Diernberger ergeben. Zudem ist man gerade auf der Suche nach einem Imker, der am Rand der Biotopwiese drei Bienenvölker platzieren möchte.

 

Bewirtschaftet wird die Wiese im Übrigen auch in einem Biotop wie dem Jeremias. Einmal im Jahr wird das Grün mit einem Balkenmäher geschnitten. Anstelle des üblichen zweiten Schnitts werden dann jedoch Schafe auf dem Jeremias-Gelände eingesetzt. Die so beweideten Flächen zeichnen sich, so der NABU Bretten, oft durch eine hohe Artenzahl aus. Der Kot der Schafe zieht wiederum viele Käferarten an. Ein weiteres umfangreiches Projekt des Arbeitskreises ist derzeit eine große, strukturierte Hecke. Wenn diese ihre ganze Vielfalt an Nektar, Blütenstaub sowie Früchten und möglichen Nistplätzen für brütende Vögel entfaltet habe, dann biete das Jeremias-Biotop im Sprantaler Tal optimale Angebote für Insekten und Vögel, so der Naturschutzbund.

 

Text und Bild: CHRISTIAN SCHWEIZER - Brettener Woche