NABU Treff

"Pestizide und ihre Auswirkungen auf Bestäuber"

Dreimal im Jahr findet sie statt, die Vortragsreihe „Nabu-Treff“. Zum Vortrag „Pestizide und ihre Auswirkungen auf Bestäuber“ von Sabine Holmgeirsson hatte in dieser Woche der Brettener Naturschutzbund (Nabu) eingeladen. Holmgeirsson ist Imkerin in Weil der Stadt und Fachberaterin zum Thema Wildbienen und Pflanzenschutz beim Nabu Baden-Württemberg.

 

„Wir haben etwa 48.000 Tierarten in Deutschland, davon sind rund 70 Prozent Insekten“, begann Holmgeirsson. Die Bestäuber der Blüten ernähren sich von Nektar, Pollen, Pflanzensaft und teilweise kleineren Insekten. Die Hauptursachen des Insektensterbens seien laut der Fachberaterin vielfältig: Klimawandel, Nahrungsmangel im Sommer, Flächenverbrauch, Fressfeinde und Pestizide gehörten dazu. Dabei ging sie auf die unterschiedlichen Probleme mit gebeiztem Saatgut, den Tankmischungen aus unterschiedlichen Pestiziden, die in einigen Kombinationen hoch toxisch wirken könnten, das Problem mit belastetem Pollen und dessen Langzeitwirkung auf die Bienen, sowie dem ihrer Meinung nach unzureichenden Zulassungsverfahren für Pestizide ein.

 

„Pestizide werden absichtlich in die Umwelt gebracht, deshalb sollte man darauf ein besonderes Augenmerk legen“, und „Wir haben in Deutschland pro Jahr 47.000 Tonnen ausgebrachte Wirkstoffe“, so Holmgeirsson. Dazu gehören Fungizide, Herbizide wie Glyphosat und Insektizide, die Neonicotinoide enthalten. Dabei seien die privaten Anwender nicht zu unterschätzen, erklärte Holmgeirsson, denn 21 Prozent der Insektizide würden in Haus- und Kleingärten ausgebracht, das entspräche 779 Tonnen Wirkstoffen.

 

Gleichzeitig werde seit 1989 wurde ein Rückgang der Insektenbiomasse von 75 Prozent beobachtet, das sage eine Nabu-Studie von 2015 aus. Auch das Bundesamt für Naturschutz habe festgestellt, dass das Ziel den Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten erheblich verfehlt werde, so Holmgeirsson. Alternativen zeige der nationale Aktionsplan des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft auf, in dem unter anderem stehe, dass mehr Ökolandwirtschaft gefördert werden solle. Außerdem bedürfe es mehr heimischer Sträucher in Privatgärten und auf kommunalen Flächen, so die Fachberaterin.

Bevor sich eine heiße Diskussion entwickelte, stellte Norbert Fleischer, erster Vorsitzender des Nabu, die Forderungen des Nabu Bretten vor: Glyphosat und Neonicotinoide sollen in Bretten auf städtischen Flächen verboten werden und durch artenreiche Ackerränder und Korridore eine verbesserte Landnutzung erreicht werden. Ebenfalls soll ein Gespräch mit Landwirten, Gemeinderäten, Oberbürgermeister, Nabu, Experten und Interessierten geführt werden um schließlich die Aufnahme von Bewirtschaftungsrichtlinien in die Pachtverträge der Stadt übernehmen zu können.

 

Diese Forderungen nahmen nicht alle Besucher positiv auf. Landwirt Alexander Kern störte sich an der generellen Verunglimpfung der Landwirte. Er selbst setzte sich mit Lerchenfenstern und Blühstreifen sehr wohl für den Naturschutz ein. Dagegen hielt Bernd Diernberger: „Das wissen wir, aber ich habe Dir schön öfter gesagt: tue Gutes und rede darüber“. Auch die Referentin forderte Kern auf zum Nabu-Dialogforum zu kommen: „Wir brauchen Landwirte wie Sie, die zeigen, dass es auch anders geht“.

 

Dennoch war Kern nicht mit der Reihenfolge der Forderungen einverstanden: „Warum wird nicht zuerst geredet und danach gefordert“, fragte er. Gemeinderat Otto Mansdörfer antwortete darauf: „Ich muss in der Kommunalpolitik meinen Werkzeugkasten aufmachen und schauen, was ich machen kann“. Das sei nun mal der Antrag mit den formulierten Forderungen. Man solle zuerst das geforderte Gespräch führen, dann könne man weitersehen, schlug Mansdörfer vor.

 

Auch Pflanzenschutzberater Christian Erbe kritisierte, dass die Landwirte als Reaktion auf Verbote bei gebeiztem Saatgut vermehrt spritzen würden. Ebenfalls werde beim Verbot von Glyphosat die Bodenbearbeitung mehr zunehmen. Das wirke sich wiederum auf die Erosion aus, mit der es in Bretten vor zwei Jahren erhebliche Probleme gab. „Ich weiß nicht, was Sie sich von einem Verbot erwarten, und ob das zielführend ist“, so Erbe. Es gebe Forschungen in der Schweiz, bei denen die Landwirte mit Bodendeckern als Untersaat bei Mais auf Glyphosat verzichten könnten, konterte Holmgeirsson.

 

Dennoch müsse auch der Verbraucher sein Verhalten ändern, erklärt eine weitere Besucherin. Die Bevölkerung müsse die Produkte wirder schätzen lernen und nicht nur auf billig und schön bei den Lebensmittelläden achten. Dabei hätten die Märkte viel Einfluss, da sie den Kunden ein gewisses Angebot vorgäben und nur Waren in einer bestimmten Norm annähmen. "Wenn der Salatkopf zu schwer oder groß ist, wird er wieder zurück an den Produzenten geliefert", so die Besucherin.

 

Schließlich beendete Fleischer die Diskussion mit den Worten: "Ich sehe, wir sind eigentlich gar nicht so weit auseinander".