Die Borgentenbrunnen-Quelle

Borgentenbrunnenquelle – Kulturhistorischer Hintergrund.

 

Der Borgentenbrunnen wird, nach bisherigem Wissen, erstmals als „Bargen-bronnen“ in einer Urkunde vom 18. März 1431 erwähnt. Die Urkunde ist überschrieben :

 

Kaufbrief Eberhard von Balßhausen gegen Bertsch Nellen von Brettheim

 

Auf einer Gemarkungskarte der Gemeinde Neibsheim aus dem Jahre 1865 ist der Borgentenbrunnen als kleiner Tümpel mit Gebüsch umwachsen eingezeichnet. Eine große von Nordwesten kommende Hecke endet an der Quelle.

Fotos: G. Fritz

Vergessener Lebensraum - Borgentenbrunnenquelle

 

Quellen und Quellwasser stehen symbolisch für Leben, Natürlichkeit, Klarheit, Reinheit und Fruchtbarkeit. Quellen sind der Anfang unserer Bäche und wurden einst als heilige Orte verehrt.

 

Die meisten Quellen sind heute in Beton gefasst, in Drainage verlegt oder kom-plett aus der Landschaft verschwunden.

 

So auch die Borgentenbrunnenquelle in Neibsheim. Bei der Flurbereinigung der Gewanne „Borgentenbacken“, „Borgenten“, „Leiselberg“ und „Lohnweg“ wurde diese Quelle in den Untergrund verlegt um eine ungestörte landwirtschaftliche Nutzung zu ermöglichen. In der Zwischenzeit hat die Stadt dieses Gelände erworben und mit Laubbäumen eine Aufforstung als Ausgleich für den Rüdtwald vorgenommen.

 

Jetzt besteht die einmalige Change durch Ausgleichsmittel der Stadtwerke diese Quelle wieder an die Oberfläche zu holen. Weder beim NABU Landesverband noch beim Umweltministerium BW konnte auf Erfahrungen beim Rückbau von Quellen zugegriffen werden. In Bayern gibt es ein „Aktionsprogramm Quelle“. Dort konnten gute Hinweise entnommen werden.

 

Dies bedeutet, dass wir mit größter Sorgfalt ans Werk gehen werden und dabei auch die forstlichen Belange  beachten. Die notwendigen Baggerarbeiten werden mit einem kleinen, mit Gummiraupen ausgestatteten, Gerät durch-geführt. Ein starker Frost oder eine längere Trockenperiode wird für die Ausführung der Arbeiten genutzt.

Foto: G. Fritz

Ökologische Bedeutung von Quellen – hier die Borgentenbrunnenquelle

 

Wegen ihrer hochspezialisierten Flora und Fauna sind natürliche Quellen ökologisch sehr wertvoll. Ein Großteil der Quellorganismen sind sehr klein und mit bloßem Auge nicht ohne Weiteres zu erkennen.

 

Davon hebt sich der Feuersalamander mit seiner leuchtend gelben Musterung deutlich ab. Allerdings ist der Feuersalamander nachtaktiv und das noch bevorzugt bei Regenwetter, sodass er nicht häufig beobachtet werden kann. 

 

Seine weit entwickelten, bereits kiementragenden, Larven setzt er direkt in das kaum in der Temperatur schwankende Wasser der Quellen bei 10°C. Doch dann ist auch der Quellbach für die Larven ein Lebensraum. Deshalb werden wir nach der Quelle zuerst einen Quellbach anlegen.

Fotos: B. Drescher

Zum Habitat des Feuersalamanders gehören Laubmischwälder. Die Borgen-tenquelle ist jetzt von 10 ha Aufforstungsfläche mit Laubmischwald umgeben. So stehen für die Ansiedlung des Feuersalamanders alle Möglichkeiten offen.

 

Doch das kann dauern, wesentlich schneller könnten sich die beiden an Quellen gebundenen Libellenarten, die Ein- und Zweigstreifte Quelljungfer, an der neuen Borgentenquelle einfinden. Quellen sind isolierte Lebensräume. Werden sie, so wie die Borgentenquelle, gravierend beeinträchtigt sterben die Arten und eine Wiederbesiedelung ist eine Lotterie. Nach den Erfahrungen in Bayern tritt manchmal eine Neubesiedelung ein und in anderen Fällen nicht. Weshalb, ist eines der Rätsel rund um die Quellbiotope.

 

Ein weiterer Punkt, die Quelle an ihren Jahrhunderte angestammten Platz zu holen, ist der Wassermangel für unsere Mitgeschöpfe im Kraichgau. Als Richtwert sollte im Abstand von 500 Meter in freier Natur Wasser zur Verfügung stehen. Dies ist bei Weitem nicht mehr gegeben unter anderem auch wegen den Flurbereinigungen der Jahre 1960 bis 1990 in denen Wasser als Störfaktor aus der Landschaft zu verschwinden hatte.

 

Amphibien sind die Tiergruppe denen wir Menschen den größten Lebens-raumentzug zugemutet haben. Deshalb werden wir nach angemessener Länge des Quellbaches einen Teich ausheben. Dort können sich dann im Laufe der Zeit Kröten und Frösche ansiedeln und werden, weit ab von jeder Wohnbebauung, niemanden mit ihren Lautäußerungen stören.

 

Gerhard Fritz  NABU Bretten

Genau zehn Grad Cel-sius beträgt die Tem-peratur des Quellwas-sers an der Borgenten-quelle bei Neibsheim. Das hat NABU-Vize Gerhard Fritz jüngst festgestellt. Die Bret-tener Ortsgruppe hat die Quelle wieder freigelegt. Foto: F. Lechner

Naturschützer legen alte Quelle wieder frei

 

Im Zuge der Flurbereinigung in den Siebzigern sind viele Quelltöpfe zugeschüttet worden

 

Brettener Nachrichten 19. April 2013
von Franz Lechner


„Genau zehn Grad″, liest Gerhard Fritz zufrieden von dem großen Thermometer ab. „Das ist genau die Temperatur, die Quellwasser haben sollte″, meint der stellvertretende Vorsitzende der Brettener NABU-Gruppe zufrieden. Das Wasser, dessen Temperatur er misst, ist das der Borgentenbrunnenquelle.

 

Mehr als 50 Jahre war die bereits im 15. Jahrhundert urkundlich erwähnte Neibsheimer Quelle unter Erdschichten vergraben, jetzt liegt sie dank Fritz und seinen Brettener NABU-Kollegen wieder frei. „Zumindest haben wir den Quelltopf wieder freigelegt″, schränkt Fritz das Ergebnis stundenlanger Baggerarbeiten etwas ein. So genau haben es die Flurbereiniger in den siebziger Jahren nämlich nicht genommen, als sie die Lager der von ihnen zugschütteten Quelle in die Flurkarten einzeichneten.

 

Wen wundert es: Damals galten Quellen nur noch als störende Elemente auf dem Weg zu einer modernen, intensiven Landwirtschaft. „Um die feuchten Flächen rund um die Borgentenbrunnenquelle für die Landwirtschaft nutzbar zu machen, hat man sie, wie viele andere Quellen auch, zugeschüttet und ihr Wasser über Drainagerohre an einen Entwässerungsgraben abgeführt″, berichtet Fritz.

 

Dass die Quelle zuvor viele Jahrhunderte den Durst vieler Menschen gelöscht hat, die während der Sommermonate auf ihren Feldern arbeiteten, interessierte damals genau so wenig wie die Tatsache, dass Quellen und ihre Umgebung Lebensraum für ganz besondere speziell an diesen Lebensraum angepasste Tiere war. „Fast alle Quellen und von Quellwasser gespeiste Wasserflächen haben eine konstant bei etwa zehn Grad liegende Wassertemperatur, die beispielsweise für die Entwicklung der Quelljungfern, eine vom Aussterben bedrohte Libellengattung, und auch der Feuersalamander-Larven wichtig ist″, erklärt Fritz.

 

Aber nicht nur der freigelegte, Quelltopf der Borgentenquelle soll künftig wieder seltenen Tieren Lebensraum bieten. „Wir speisen mit dem freigelegten Quellwasser über einen schmalen, von uns ausgebaggerten Wasserlauf einen ebenfalls neu angelegten Tümpel″, zeigt Fritz auf eine derzeit noch vom Lehm braungefärbte Wasserfläche. Geht es nach ihm und seinen Mitstreitern, wird der Tümpel und der kleine Wasserlauf bald nicht nur zur Heimat von Amphibien, Libellen und Ringelnattern werden, sondern bald auch eine wertvolle Tränke für viele Wildtiere.

 

Ob alles so kommt, wie es sich die Brettener NABU-Mitglieder erhoffen, wird erst die Zukunft zeigen. „Es gibt in Baden-Württemberg bisher so gut wie keine Erfahrungen mit der Wiederherstellung von Quellen″, weiß Fritz. Es wird also spannend, die Entwicklung des Neibsheimer Quellen-Projekt zu beobachten. Dank des Engagement der Brettener Naturschützer kostet das ganze Projekt übrigens gerade mal etwa 1000 Euro. Und die werden auch noch von den Brettener Stadtwerken finanziert.

Leserbrief zum Artikel „Naturschützer legen alte Quelle wieder frei″

 

Brettener Nachrichten (BNN) 20. April 2013

 

Eine wunderbare Aktion, deren Wert nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, ist die Reaktivierung dieser Quelle in Neibsheim. Gott sei Dank machen sich heute wieder Menschen auf, um die unsägliche Technisierung unserer Kulturlandschaft wieder in verträgliche Bahnen zu lenken. Eine Vorbildfunktion für alle Gemeinden und ein Signal an alle Mutigen. Neue Wege zu beschreiten, indem man sich seiner Wurzeln besinnt, das macht Hoffnung auf eine gute Zukunft. Übrigens: An Brunnen, Quellen oder unter dem Holunder, War immer der Zugang zur Fruchtbarkeit, zur Mutter Erde. Dort erhofften sich unsere Vorfahren tatsächlich den Kindersegen zu erlangen, daher der Name Kindelquelle oder ähnlich. Für mich ist es ein Symbol der Hoffnung, dass selbst unsere vergreisende Gesellschaft noch die Chance hat, Wieder den Kindersegen zu erlangen, wenn sie die alten, verschütteten Werte und Plätze Wieder freilegt und neu für sich entdeckt.


Martin Rausch
Oberderdingen-Flehingen