Borgentenbrunnen Quelle

Naturschützer legen alte Quelle wieder frei

Im Zuge der Flurbereinigung in den Siebzigern sind viele Quelltöpfe zugeschüttet worden

Brettener Nachrichten 19. April 2013
von Franz Lechner


„Genau zehn Grad″, liest Gerhard Fritz zufrieden von dem großen Thermometer ab. „Das ist genau die Temperatur, die Quellwasser haben sollte″, meint der stellvertretende Vorsitzende der Brettener NABU-Gruppe zufrieden. Das Wasser, dessen Temperatur er misst, ist das der Borgentenbrunnenquelle.

Mehr als 50 Jahre war die bereits im 15. Jahrhundert urkundlich erwähnte Neibsheimer Quelle unter Erdschichten vergraben, jetzt liegt sie dank Fritz und seinen Brettener NABU-Kollegen wieder frei. „Zumindest haben wir den Quelltopf wieder freigelegt″, schränkt Fritz das Ergebnis stundenlanger Baggerarbeiten etwas ein. So genau haben es die Flurbereiniger in den siebziger Jahren nämlich nicht genommen, als sie die Lager der von ihnen zugschütteten Quelle in die Flurkarten einzeichneten.

Wen wundert es: Damals galten Quellen nur noch als störende Elemente auf dem Weg zu einer modernen, intensiven Landwirtschaft. „Um die feuchten Flächen rund um die Borgentenbrunnenquelle für die Landwirtschaft nutzbar zu machen, hat man sie, wie viele andere Quellen auch, zugeschüttet und ihr Wasser über Drainagerohre an einen Entwässerungsgraben abgeführt″, berichtet Fritz.

Dass die Quelle zuvor viele Jahrhunderte den Durst vieler Menschen gelöscht hat, die während der Sommermonate auf ihren Feldern arbeiteten, interessierte damals genau so wenig wie die Tatsache, dass Quellen und ihre Umgebung Lebensraum für ganz besondere speziell an diesen Lebensraum angepasste Tiere war. „Fast alle Quellen und von Quellwasser gespeiste Wasserflächen haben eine konstant bei etwa zehn Grad liegende Wassertemperatur, die beispielsweise für die Entwicklung der Quelljungfern, eine vom Aussterben bedrohte Libellengattung, und auch der Feuersalamander-Larven wichtig ist″, erklärt Fritz.

Aber nicht nur der freigelegte, Quelltopf der Borgentenquelle soll künftig wieder seltenen Tieren Lebensraum bieten. „Wir speisen mit dem freigelegten Quellwasser über einen schmalen, von uns ausgebaggerten Wasserlauf einen ebenfalls neu angelegten Tümpel″, zeigt Fritz auf eine derzeit noch vom Lehm braungefärbte Wasserfläche. Geht es nach ihm und seinen Mitstreitern, wird der Tümpel und der kleine Wasserlauf bald nicht nur zur Heimat von Amphibien, Libellen und Ringelnattern werden, sondern bald auch eine wertvolle Tränke für viele Wildtiere.

Ob alles so kommt, wie es sich die Brettener NABU-Mitglieder erhoffen, wird erst die Zukunft zeigen. „Es gibt in Baden-Württemberg bisher so gut wie keine Erfahrungen mit der Wiederherstellung von Quellen″, weiß Fritz. Es wird also spannend, die Entwicklung des Neibsheimer Quellen-Projekt zu beobachten. Dank des Engagement der Brettener Naturschützer kostet das ganze Projekt übrigens gerade mal etwa 1000 Euro. Und die werden auch noch von den Brettener Stadtwerken finanziert.

Leserbrief zum Artikel „Naturschützer legen alte Quelle wieder frei″

Brettener Nachrichten (BNN) 20. April 2013

Eine wunderbare Aktion, deren Wert nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, ist die Reaktivierung dieser Quelle in Neibsheim. Gott sei Dank machen sich heute wieder Menschen auf, um die unsägliche Technisierung unserer Kulturlandschaft wieder in verträgliche Bahnen zu lenken. Eine Vorbildfunktion für alle Gemeinden und ein Signal an alle Mutigen. Neue Wege zu beschreiten, indem man sich seiner Wurzeln besinnt, das macht Hoffnung auf eine gute Zukunft. Übrigens: An Brunnen, Quellen oder unter dem Holunder, War immer der Zugang zur Fruchtbarkeit, zur Mutter Erde. Dort erhofften sich unsere Vorfahren tatsächlich den Kindersegen zu erlangen, daher der Name Kindelquelle oder ähnlich. Für mich ist es ein Symbol der Hoffnung, dass selbst unsere vergreisende Gesellschaft noch die Chance hat, Wieder den Kindersegen zu erlangen, wenn sie die alten, verschütteten Werte und Plätze Wieder freilegt und neu für sich entdeckt.
Martin Rausch 
Oberderdingen-Flehingen