Die Natur lässt nicht mit sich verhandeln

Umweltschutz und damit Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung haben Verfassungsrang – nicht nur wegen der Rechtsprechung unseres Bundesverfassungsgerichts, sondern aufgrund der Tatsache, dass es mit der universellen Menschenwürde nicht vereinbar ist, wenn Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren, weil ganze Regionen zu trocken sind, von häufigeren und heftigeren Naturkatastrophen heimgesucht werden oder Inseln schlicht im Meer verschwinden. Wir leben seit Jahrzehnten über unsere Verhältnisse. Schon 1972 hat der Club of Rome gewarnt vor den „Grenzen des Wachstums“.

 

Neben den von uns gewählten Entscheidungsträgern haben wir selbst eine große Verantwortung: Niemand zwingt uns zum Billigflug in den Urlaub, niemand zwingt uns zu einer Kreuzfahrt, zu einem Auto mit zwei Tonnen oder 300 PS oder zu riesigen Wohnungen. Dass freiwillige Maßnahmen und Appelle zwar wichtig sind, aber nicht ausreichen, zeigt uns die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte. In einer Marktwirtschaft haben fossile Energieträger dann den richtigen Preis, wenn es sich lohnt, auf umweltfreundliche Alternativen umzusteigen. Im Sinne des Verursacherprinzips sind nicht Prämien vom Staat angesagt für positives Verhalten, sondern Belastungen für schädliches Verhalten. Prämien finde ich nur akzeptabel als Anschub neuer Technologien bis zur Marktreife. Ich persönlich will keinen staatlichen Tankrabatt, keine Abwrackprämie oder Heizkostenzuschuss.

 

Lasst uns gemeinsam den Gürtel enger schnallen, Wohlstand nicht ausschließlich materiell sehen, vernünftig mit Energie umgehen, Verständnis zeigen für Verbote und Regeln der öffentlichen Hand zum Nutzen von uns und künftiger Generationen. Das wichtigste aber ist die Bereitschaft zur Solidarität, zur finanziellen Unterstützung der wirklich Bedürftigen statt Wohltaten für alle aus leeren Staatskassen. Wir haben nur die Wahl zwischen Einschränkungen jetzt oder viel größeren Einschränkungen in Zukunft.

 

Die gute Nachricht: Die Sonne schenkt uns noch etwa fünf Milliarden Jahre viel mehr Energie als wir benötigen. Hätten wir nicht Billionen in Kernkraftwerke, Kohlekraftwerke oder Verbrennungstechnologie investiert, sondern in vernünftige Alternativen, dann wären wir heute klimaneutral und ohne Altlasten. Gelingt uns die Umstellung nicht sehr schnell, bekommen wir von der Natur eine gesalzene Rechnung. Sie lässt nicht mit sich verhandeln.

 

Franz Ebert, 20.7.2022